Obelisk Luxor
Was macht der Obelisk in Paris?
Im Reich der Pharaonen waren Obelisken steingewordene Strahlen des
Sonnengottes Re. Ihre goldenen Spitzen spiegelten den Himmel als Symbol
der Verbindung zwischen dem diesseits und der Götterwelt. Sie waren in
der Regel paarweise vor Pyramiden oder Tempeln aufgestellt. Jene in Luxor
wurden zur Zeit von Ramses II. (19. Dynastie, 13. Jahrhundert AD.) in den
230 km flussaufwärts gelegenen Granitsteinbrüchen von Assuan geschlagen
und auf dem Flussweg nach Luxor transportiert. Mit ihren 23 m Höhe und
250 Tonnen Gewicht war dies eine durchaus respektable Leistung. Heute
steht nur mehr ein Obelisk in Luxor, der andere verkam zur
Touristenattraktion am Pariser Place de la Concorde. Wie kam es dazu?
Nach der Rückeroberung des von Napoléon 1798 eroberten Ägypten
bemühte sich der damalige Gouverneur der osmanischen Provinz Ägypten,
Muhammad (Mehmed) Ali Pascha, um die Ausbildung einer an Europa
technologisch und administrativ orientierten Führungsschicht. Dafür bekam
er Hilfe aus Frankreich und England. Als "Zeichen der Anerkennung"
schenkte er 1830 dem König der Franzosen, Louis-Philippe I., die beiden
Obelisken von Luxor. Zunächst wollte er die Obeliske von Alexandrien
dessen Vorgänger, Charles X, schenken, doch der in Aegypten weilende
Jean-François Champollion informierte Paris umgehend dass jene von Luxor
viel besser erhalten wären. Zur grossen Enttäuschung der Engländer
bekamen letztere nicht sie sondern die Franzosen.
Mehmed Pascha
Die Überführung des ersten Obelisken nach Paris war technologisch
höchst anspruchsvoll. Zunächst mit dem Segelschiff Luxor auf dem Nil
bis in den Hafen von Alexandria, und von dort mit der "Sphinx" - dem
ersten Raddampfer der französischen Marine - die "Luxor" im
Schlepptau über Toulon, Gibraltar, den Golf von Gascogne bis nach Le
Havre. Es dauerte weitere drei Monate bis die Seine die nötige Höhe
erreicht hatte, damit der Transport mit Schleppern und Pferdekraft
nach Paris getreidelt werden konnte. Zwei Jahre und neun Monate
nach der Abfahrt aus Ägypten erreicht die "Luxor" 1833 die Hauptstadt.
Der Obelisk musste jedoch auf der Rampe an der Seine noch weitere 3
Jahre warten bis aus der Bretagne 230 Tonnen Granit für den Sockel
angeschleppt waren und er 1836 zur Mitte des Place de la Concorde
gezogen und dort in die Vertikale gebracht werden konnte. Die Wahl
des Standortes durch Louis-Philippe I. sollte offenbar vergessen
machen, dass während der Französischen Revolution (1789) hier die
Köpfe nur so rollten. Innerhalb von 2 ½ Jahren waren 1.345 Personen
öffentlich geköpft worden, darunter König Louis XVI, Königin Marie
Antoinette, Georges Danton, Maximilien de Robespierre. Heute ziert
den Obelisken ein 3,6 m hohes Pyramidion aus vergoldeter Bronze, den
Pierre Bergé (Compagnon von YSL) 1998 spendete damit er wie in
Zeiten des Ramses II. in der Sonne leuchtet.
Transport
Das Gegenstück des Obelisken blieb in Ägypten, denn Frankreich
scheute die Schwierigkeiten eines Transports. Ein offizieller Verzicht
wurde aber erst 1981 ausgesprochen, indem Frankreich feierlich einen
Obelisken "restituierte», der nie seinen Platz verlassen hatte. Eigentlich
lustig, wenn sich nicht die Frage stellen würde, ob eine reale Restitution
des Obelisken auf dem Place de la Concorde und sein Ersatz durch eine
Kopie nicht angebrachter gewesen wäre.
Ähnliche “Geschenke” wurden von Mehmed Pascha auch England und
den USA gemacht. Die sogenannten "Aiguilles de Cléopâtre" standen
ursprünglich in Alexandria/Heliopolis und konnten erst nach
Überwindung ähnlicher Schwierigkeiten in London (1877) und New York
City Central Park (1881) errichtet werden. All diese Obeliske können als
"Geschenke" angesehen werden, auch wenn sie von einem fremden
Machthaber kamen, dem die Kultur des von ihm beherrschten Landes
gleichgültig war.
Aiguilles de Cléopâtre
Anders mit "Raubkunst" oder "Beutekunst": Die Römer etwa
transportierten gleich mehrere Obelisken in ihre Hauptstadt,
darunter den Winzling (5 m) aus Rosengranit auf der Piazza
Minerva der ursprünglich im ägyptischen Sais stand, und von
Bernini auf einen Elefanten gestellt wurde. Auch der 24 m hohe
Obelisk von Axum fällt in diese Kategorie. Er wurde von den
Soldaten Mussolinis 1937 im Abessinienkrieg als Beutegut
mitgenommen, und erst 2007 an Äthiopien restituiert. Das Problem
dieser Art von "Raubkunst" ist bis heute nicht geregelt. Die von den
Europäern geraubten Bronzeskulpturen aus dem Sommerpalast in
Peking etwa wurden nur auf private Initiative hin restituiert, und
der Schatz von Priamos in St Petersburg wartet noch immer auf
seine Rückführung nach Berlin.
Ganz allgemein bleibt das Problem von Kunstwerken, welche aus
ihrer ursprünglichen Umgebung gerissen wurden, ungelöst. Typisch
dafür ist der Obelisk von Philae aus rotem Granit, der 1815 auf der
oberägyptischen Insel Philae gefunden und kurze Zeit später von
dem englischen Forschungsreisenden William John Bankes
erworben wurde. Die Frage stellt sich auch für andere Kunstschätze,
wie die aztekische Federkrone im Wiener Weltmuseum, und den
Rosetta Stein aus Ägypten der nach dem Sieg der Briten über
Napoleon 1801 in das British Museum London wanderte.
Federkrone
Bernini Piazza Minerva