Buddha Statue-Bamiyan
Ikonoklasmus in Reinkultur, aber soll die Statue ersetzt werden?
Das in Zentralafghanistan gelegene Bamiyan war früher eines der größten
buddhistischen Zentren an der antiken Seidenstraße. Dies erklärt die
Anwesenheit von ursprünglich sechs Buddha-Figuren, drei große und drei
kleinere, die im 5. bis 6. Jahrhundert n. Chr. in die 800 Meter lange Felswand
aus rotem Sandstein gehauen wurden. Künstlerisch beeinflusst wurde das
sakrale Bauwerk durch den antiken Gandhāra-Stil der Region, die heute das
Grenzgebiet zwischen Afghanistan und Pakistan bildet. Auffallend dabei ist die
Symbiose von hellenistischen und buddhistischen Kunstelementen, wie bei den
beiden großen Buddha-Statuen welche Gewänder tragen, die einer griechisch-
römischen Toga nachempfunden sind und mit kostbaren Steinen verziert
waren.
Vor ihrer Zerstörung maß die große Buddha-Statue im Westen 55 Meter Höhe
und stellte damit den höchste stehenden Buddha weltweit dar. Die 38 Meter
hohe Buddha-Statue im Osten der Felswand war im Urzustand blau bemalt und
hatte ein mit Blattgold verziertes Gesicht.
Fünfzehn Jahrhunderte lang überragten die Buddhas das Tal von Bamiyan. Die
beiden grossen Statuen trotzten in ihren Felsnischen jedem Angriff. Selbst
Dschingis Khan, der im Jahr 1221 die Stadt zerstörte und ihre Bevölkerung
massakrieren ließ, überstanden die Riesen ebenso wie Kanonenbeschuss in
späteren Zeiten. Bei ihrer Vernichtung im März 2001 benötigten die Taliban
immer noch mehrere Wochen für ihr Zerstörungswerk.
Bamiyan
Die Taliban waren aber nicht die ersten, die sich über die Kultstte
hermachten der Bildersturm setzte den Buddhas schon im 17. Jahrhundert
zu: Damals beraubt man die Statuen ihres Schmuckes und das Blattgold
wurde abgetragen. Man darf mutmaßen, dass hier religiöse Motive durch
ökonomische Begehrlichkeiten befeuert wurden. Trotzdem die Statuen schon
stark beschädigt waren, fungierte die Stätte bis zur Sowjet-Besatzung (1979)
als Touristenattraktion. Während der folgenden Kriege war das Plateau
oberhalb der bis zu 100 Meter hohen Felswand mit den Statuen ein immer
wieder umkämpfter strategisch wichtiger Ort, von dem aus das südlich
gelegene Tal kontrolliert werden konnte. So befanden sich dort nacheinander
Stellungen der sowjetischen Truppen, der Mudschahedin und schließlich der
Taliban. Im Krieg selbst wurden die Höhlen als Munitionsarsenal genutzt
denn die Sowjets und die - von den Amerikanern ausgerüsteten - Taliban
lieferten sich hier harte Gefechte.
Die endgültigen Zerstörungen begannen im Sept. 1998, als der bis dahin
noch vorhandene Teil des Kopfes des kleineren Buddha den Taliban zum
Opfer fiel. Am 12. März 2001, also nur Monate vor den Terroranschlägen
(9/11) in den USA, sprengten Taliban-Milizen auf Anordnung von Mullah
Mohammed Omar die große Statue nachdem sie Artilleriebeschuss
widerstand. Daneben verwüsteten und geplünderten sie auch das
Nationalmuseum in Kabul mit Ausstellungsstücken aus der buddhistischen
geprägten Zeit des Landes.
Warum diese Zerstörungswut? Eine naheliegende Erklärung wäre dass mit
der Zerstörung die Insignien der nicht-islamischen bzw. der vor-islamischen
Kulturtradition Afghanistans getilgt werden sollten, ähnlich wie es bei
anderen religiös motivierten Zerstörungen geschah, etwa jener der
christlichlichen Machthaber mit ihren Kirchen in der Mezquita von Cordoba
und auf der Pyramide von Cholula oder die Bilderstürme der Calvinisten.
Diese Erklärung greift möglicherweise zu kurz. Afghanistan war schon seit
Jahrhunderten islamisch, und hatte sich mit dem buddistischen Statuen
abgefunden, denn sie waren nicht Ort religiöser Handlungen einer
buddhistischen Minderheit. Auch wussten die Taliban, ihnen voran ihr
Führer Mollah Omar, vom Nutzen des Tourismus als Einnahmequelle für die
Zeit nach der Errichtung des angestrebten islamischen Emirats in
Afghanistan. Omar hatte 1999 sogar den Schutz der Statuen befohlen und
geplant sie in die Liste der von der UNESO geschützten Kulturgüter
einschreiben zu lassen. Warum also gab er den Befehl zur Zerstörung? Die
Gründe seines Meinungsumschwungs bleiben im Dunkeln. Nach den 9/11
Terroranschlägen wurden er und die Taliban verstrieben, und auf ihn eine
Kopfprämie ausgesetzt. Gefasst wurde er nie. Es starb unter ungeklärten
Umständen 2013.
Mezquita Cordoba
Cholula
Seither wurde an einen möglichen Wiederaufbau der Statuen gedacht.
Technisch wäre dies machbar und finanzielle Unterstützung ist schon
seit Jahren zugesagt.
Es gibt indes Stimmen, die den Wiederaufbauplänen kritisch
gegenüberstehen zunächst wegen der enormen Kosten (Schätzungen
gehen von $30 Mio. für einen Buddha bis $1,2 Mia. für den ganzen
Komplex aus) die karitativen Zwecken besser dienen könnten, und dann
wegen der Umweltschäden. Bilder zeigen, wie das einst grüne Tal von
Bamiyan innerhalb weniger Jahre unter dem Touristenstrom zu einer
staubigen Parkplatzfläche wurde. Auch stellt sich die Frage wie sinnvoll
der Wiederrichtung einer Buddha-Statue in einem Land mit über 99%
muslimischer Bevölkerung ist.
Der Zeitpunkt für die Rückkehr der Buddhas dürfte also noch nicht
gekommen sein, zu unsicher ist die Lage auch 20 Jahre nach den
Anschlägen. Ob es im Hinblick auf die modernen technischen
Möglichkeiten nicht zielführender (und billiger) wäre, die Statuen
holographisch darzustellen, ist eine andere Frage. Diese Lösung hätte
den Vorteil, die Verbrechen der Taliban auch bei Touristen wach zu
halten.
3d-holographische
Projektion