Mur de la réformation, Genève
... und der Genfer Bildersturm
Nach Martin Luthers Anschlag seiner 95 Thesen an der Schlosskirche von Wittenberg
(1517) wurde die Stadt an der Rhône rasch ein reges Zentrum der Reformation. Das
Denkmal erinnert an die einstimmige Annahme der Reformation durch die Genfer
Stadtväter (1535), an die Einladung des französ. Predigers Jean Calvin (1536) durch den
Wahl-Genfer Guillaume Farel, und an die Unterzeichnung des Edikts von Nantes durch
den französischen König Henri IV (1598).
Der Calvinismus war rasch nach Frankreich und in die Niederlande bis nach England
vorgedrungen, und seine Anhänger (v.a. die Hugenotten) waren diversen Verfolgungen
ausgesetzt. So kam es, dass Genf in den 1550er Jahren über 1300 protestantische
Glaubensflüchtlinge, v.a. aus Frankreich und Italien aufnahm, was bei einer
Einwohnerzahl von 10 000 nicht unproblematisch war (siehe Mosaik). Das Edikt von
Nantes 1598 nahm zumindest vorübergehend - bis zu seiner Revokation 1685 durch Louis
XIV -den demographischen Druck von der Stadt, insbesondere nach dem Gemetzel der
Bartholomäusnacht 1572 in Paris. Die furchtbaren Greueltaten wurden vom französ.
Einwanderer François Dubois gemalt. Eine Kopie davon hängt im Musée International de
la Réforme neben der Kathedale Saint-Pierre in Genf, das Original befindet sich im MCBA
Lausanne.
Nur für hartgesottene Kunstliebhaber zu empfehlen
Mosaik
Dubois
Jean Calvin
Das Wirken von Calvin in Genf hatte nicht nur positive Auswirkungen auf die Stadt, sondern
auch negative, wie etwa die Errichtung eines Gottesstaates und die Hinrichtung unliebsamer
Zeitgenossen, darunter des Predigers Michael Servet wegen angeblicher "Irrlehren", sowie
auf künstlerischem Gebiet. In der Kathedrale St Pierre wurden Lettner und Chorschranken
beseitigt, die Orgelpfeifen wurden eingeschmolzen, da die im reformierten Gottesdienst
gesungenen Psalmen keiner Orgelbegleitung bedurften, und Altäre, Statuen und Bilder
wurden zerstört, denn bildliche Darstellungen von Personen waren gemäß Calvins Doktrin
nicht geduldet. Dem fiel auch ein Gemälde von Konrad Witz zum Opfer, das dieser 1444 für
den Petrusaltar in der Genfer Kathedrale anfertigte. Nur zwei der vier Tafeln überlebten.
Ähnliche Auswüchse fanden auch im Ausland statt, etwa in Gent, wo es im Namen Calvins zu
regelrechten Bilderstürmen kam, denen 1435 z.B. Jan van Eycks wunderbarer Altar in der
Domkirche Sankt Bavo fast zum Opfer fiel.
Von diesen Ereignissen ist auf der Gendenkmauer naturgemäß keine Rede. Letztere soll uns
aber daran erinnern dass die Reformation nicht nur für das politische und religiöse Leben,
sondern auch für das Kunstleben Europas einen entscheidenden Einschnitt bedeutete.
Von der Reformation handelt auch mein Bild “Der rote Kardinal” aus dem Nachlass Petzl.
Trotz eingehender Recherchen meinerseits sind das Entstehungsjahr und der Autor noch
immer ungewiss. Einzige Sicherheit: es zeigt den Kindkönig Edward VI der den
Protestantismus in England einführte. Sein Lehrer John Knox (auf dem Bild der Reformatoren
ganz rechts) musste unter der “Bloody Mary” flüchten. Als ich das Bild von meiner
Großmutter bekam, war sogar das unbekannt. Ich werde noch darauf zurückkommen.
Die Köpfe der vier Prediger sind übrigens auch ein beliebtes Ziel von Protestaktionen ...
Witz Fischzug
Protestaktion 2025
Roter Kardinal
van Eyck