Paris Place de la Concorde Armentières 1960
Krypto-Hieroglyphen in Paris
Ausgrenzung der Ungebildeten
Die Hieroglyphenschrift der Alten Ägypter fand ich im Vergleich zur lateinischen Schrift schon immer
ästhetischer. Einer Kostprobe begegnete ich 1960 am Obelisken der Place de la Concorde in Paris*). Dorthin
verschlug es mich nach 6 Wochen Ferialarbeit in der Brauerei Motte-Cordonnier in Armentières, als ich mich
entschloss, trockenen Schmiedearbeiten**) gegenüber feuchter Fließbandarbeit den Vorzug zu geben. Das
Foto am Ortseingang zeigt mich zumindest Sonntags nüchtern.
Beeindruckend auf der Place de la Concorde waren zunächst die vielen Autos die sich in 5-er-Reihen um die
23 m hohe Granitnadel aus Luxor drängten, so wie der Mob vor rund 200 Jahren um die Guillotine, Schauplatz
der Enthauptung des Bourbonenkönigs Louis XVI (1793) und seiner unglücklichen Habsburgerin Marie-
Antoinette. Die makabre Erinnerungstafel am Fuß des Obelisken zeigt noch heute wo die Köpfe rollten.
Von den rund 1600 Hieroglyphen auf dem Obelisken waren einige - trotz Champollion - noch immer nicht
entschlüsselt. Es bedurfte weiterer 60 Jahre, bis ein junger Franzose die Nadel hochkletterte um einige davon
anhand kleiner Details zu entziffern. Beispiele dieser “Krypto”-Hieroglyphen finden sich direkt unter der (jetzt
vergoldeten) Spitze. Sie zeigen in einer Art Geheimschrift wie sich Pharao Ramses II gegenüber Gott Amon
erhöhte. Die Bedeutung dieser Szene eröffnete sich damals aber nur jener gebildeten Elite, die vom Nil aus
kommend den Tempel betreten durfte. Propaganda pur zur Machterhaltung des Pharao und klarer Fall von
Ausgrenzung. Man wartet auf die Publikation der Arbeit in einer begutachteten Fachzeitschrift.
Den Zwillingsbruder des Obelisken besuchten Céline und ihrer Mutter 1986 in Luxor. Davon später.
*) Gastgeber waren René Budry , Bruder von Madame Motte und ehemaliger Kriegsgefangener in Gföhl, und seine Liane Edthofer, Bekannte
meines Vaters aus seiner dortigen Zeit als Arzt. Sie kannten das Faible meiner Mutter für Aberglauben, Horoskope und dergleichen, und
organisierten einen Besuch bei einer Wahrsagerin (Voyante). Diese eröffnete mir völlig überraschend, dass ich einen Schutzengel in Person
eines ungeborenen Babys aus der Familie hätte. Auftakt zu einer ungustiösen Geschichte auf die ich noch zurückkommen werde.
**) Küchenutensilien, im Keller von Monsieur Motte als Geschenk für meine Eltern angefertigt, jetzt im Besitz von Alix, der ich sie vergönne.
1960
1960
Luxor 1986
Krypto-Hieroglyphen