Berlin 2003
Filmkunst, aber keine Raubkunst
Berlin
2003
Bei unserem Besuch in der Berliner Sophienstraße begegneten wir In der
naheliegenden Alten Nationalgalerie Édouard Manets Dans la serre (Im
Wintergarten, 1879). Das Gemälde interessierte uns aus mehreren Gründen.
Erstens, weil es vom ehemaligen Direktor, dem Schweizer Hugo von Tschudi bereits
1896 angekauft wurde und es trotz seiner rätselhaften Bildaussage einen grossen
Einfluss auf den deutschen Impressionismus hatte, zweitens weil der Kauf gegen den
Willen des Kaisers Wilhelm II. geschah und von Tschudi deswegen seinen Posten
räumen musste*), und drittens weil das Gemälde vor Kriegsende 1945 in einer
Salzmine bei Merkers eingelagert und von dort bei Kriegsende durch US Soldaten mit
anderen Kunstwerken sichergestellt wurde (siehe Film Monuments Men).
Das dabei geschossene Foto hat inzwischen ikonischen Charakter, wird aber leider all
zu oft zum Thema NS-Raubkunst verwendet, was in diesem Falle nicht stimmt. Nicht
alles was in den Medien als NS-Raubgut gezeigt wird, ist auch Raubgut.
Wann immer Politik auf Kunst Einfluss nimmt, ist Vorsicht angesagt. Umgekehrt ist
der Einfluß von Kunst auf Politik meist löblich. Kunst irrt selten
*) Ein ähnlicher Fall spielte sich kurze Zeit später in Österreich ab, als Thronfolger Franz Ferdinand die
Berufung von Egger-Lienz' zum Professor an der Akademie der Bildenden Künste in Wien verhinderte, weil er
sein Gemälde (Totentanz) ablehnte. Die Komposition des Bildes und seine düstere Stimmung spiegle nicht den
Patriotismus wider, der eine kaiserliche Truppe auszeichnen soll. Das war kurz vor Ausbruch von Weltkrieg I.
Salzmine
Hugo von Tschudi