Hieronymus Bosch - Garten der Lüste
ein schwer zu übertreffender Detailreichtum
Hinsichtlich Detailreichtum gehören die Gemälde von Hieronymus
Bosch zu den dankbarsten Studienobjekten. Sein Altar-Triptychon
"Garten der Lüste" (1503) enthält eine fast unüberschaubare Menge
von Details die verschiedentlich interpretiert wurden. Da wäre auf
der Mitteltafel "Menschheit vor der Sintflut“ zunächst der von
Nackedeis getragene Schwanz einer Languste mit dem Bären und
dem Raben am Rücken, die an die Bremer Stadtmusikanten
erinnern, oder der kniende Nackte mit hochgestrecktem Hintern
aus dem sinnigerweise ein Strauß Blumen ragt, oder auf dem
düsteren rechten Innenflügel "Die Hölledas Saiteninstrument
(Harfe?) unter dem ein mit Musiknoten bemalter Hintern
hervorragt. Und schließlich Boschs mutmaßliches Selbstportrait (er,
der fast kein Autoportrait malte!) auf dem rechten Innenflügel in
unmittelbarer Nähe der akupunktierten Ohren, wo er mit einem
Ausdruck milder Ironie unter einem Hut hervorschaut, der mit
einem Dudelsack gekrönt ist. Köstlich.
Viele Details von Bosch wurden bei anderen Gelegenheiten
künstlerisch verwendet, so in Verdis Macbeth Aufführung im
Theater an der Wien (Projektion des Ohrs auf Vorhang,
Sexsymbol? Macbeths irrer Traum im dritten Akt mit einem
Video von Boschs Der Garten der Lüste), oder in den Carrières
de Lumière in Les Baux de Provence.
Zur Provenienz des Gemäldes: der berüchtigte spanische
Statthalter der Niederlande, Fernando Álvarez de Toledo,
Herzog von Alba, beschlagnahmte das Gemälde 1568, d.h. kurz
nach seinem "Dienstantritt". Käuflich erworben wurde es 1591
von seinem "Chef" Philipp II. König von Spanien. Dieser kaufte
damals alles was man an großartigen Bosch-Werken kennt.
Letztere verschwanden dann im Escorial und waren lange nicht
mehr sichtbar. Heute können die Details des "Garten" im Prado
studiert werden. Oder im Internet.
Bleibt ein Rätsel: Warum konnte Bosch als holländischer Ketzer
zugleich Lieblingsmaler des spanischen Königs Philipps II., des
glaubensstrengsten Grosskönigs der Christenheit, sein? War
dieser etwa selbst ein Ketzer mit Kunstsinn und Humor?
Philipp II. als Kronprinz 1551
(Gemälde von Tizian)
Herzog von Alba
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