Tepanapa Pyramide in Cholula
Aneignung eines religiösen Symbols
Cholula - die grösste Pyramide der Welt. So steht es vielversprechend
in touristischen Broschüren und Reiseführern, eine Pyramide, die
grösser als die gewaltige Sonnenpyramide von Teotihuacán bei Mexiko
City sei, und sogar grösser als die Cheops Pyramide in Ägypten. Etwas
weit hergeholt entspricht dies der Wahrheit, dem Umfang und dem
Volumen nach war die Tepanapa Pyramide in Cholula tatsächlich die
grösste Pyramide der Welt. Die Seiten waren wohl mal bis 425 m lang
und das Volumen war fast doppelt so groß wie das der ägyptischen
Cheops Pyramide. Von der Höhe her (60 m) war sie aber etwas kleiner
als jene von Teotihuacán (63 m, 225 m lang) und wesentlich kleiner als
die Cheops Pyramide (140 m, 230 m lang). Heute ist die archäologische
Stätte von Cholula von Puebla aus in ca. 30 Minuten erreichbar.
Cholula war ab dem 3. Jhdt. aD von einem unbekannten Volk besiedelt
das die Pyramide dem Gott Quetzalcoatl (coatl = Schlange, quetzalli =
grüne Feder) widmete. Sie wurde im Laufe von rund 1500 Jahren
etliche Male überbaut und vergrössert - ähnlich einer Matroschka ....
bis die Europäer kamen. Nach der Ankunft der spanischen
Konquistatoren unter dem Kommando von Hernán Cortés an der Küste
bei Veracruz, drangen diese schon bald ins Hochland von Puebla vor.
In Cholula begingen sie am on 12 October 1519 eines der
grausamsten Massaker des Eroberungsfeldzuges, Tausende
Bewohner wurden getötet, weil sie sich weder unterordnen noch den
Spaniern anschliessen wollten. Dass die spanische Krone (Carlos I) die
Expeditionen nach Amerika kaum förderten, ist nur ein schwacher
Trost.
Aber nicht genug damit. Nach der Eroberung zerstörten die Spanier
1574/75 den Tempel auf der Pyramidenspitze und errichteten
stattdessen die Kirche "Iglesia de Nuestra Señora de los Remedios".
Sie sollte den Triumph des Christentums über den ursprünglichen
Glauben bezeugen. Eine Zerstörung der enormen und teilweise
zugewachsenen Pyramide war ja nur schwer möglich.
Sehr christlich: zuerst morden und dann Kirchen bauen.
Heutzutage sieht man vom früheren Glanz nicht mehr viel, ein
riesiger Erdhügel bedeckt die Struktur, mit der Kirche Nuestra Señora
de los Remedios obenauf. Für Forschungsarbeiten hat man
kilometerlange Tunnel gegraben, von denen einige begangen werden
können, was den Reiz eines Besuches von Cholula ausmacht. Es
lassen sich somit einige der früheren Schichten des Bauwerks
erkennen, und dabei die Silhouette des nahen Popocatepetl
bewundern.
Karl V. (Carlos I)
Bleibt dass ähnliche Aneignungen religiöser Symbole zeitgleich
auch in Spanien stattfanden, etwa die Umwidmung der Mezquita
nach der Rückeroberung von Cordoba 1236 von den Mauren,
und noch signifikanter, als 1523 - kurz nach den Morden in
Cholula - mit dem Einbau einer gotischen Kathedrale in die
Mezquita begonnen wurde.
Zerstörungen architektonischer Kunstwerke haben Tradition.
Mezquita Cordoba