Die Goldmaske des „Agamemnon
Das zähe Leben einer Legende
Heinrich Schliemann war ein Abenteurer mit einer unüblichen Karriere. Der polyglotte
Sohn einer deutschen Pastorenfamilie ging nach einer Kaufmannslehre auf
Wanderschaft die ihn u.a. in die USA führte, wo er eine Bank gründete um den
Goldgräbern während des kalifornischen Goldrauschs Geld zu leihen. Danach verschlug
es ihn nach St Petersburg, wo er ein Großlieferant von Munitionsrohstoffen an
die zaristische Armee wurde (Krimkrieg). Das machte ihn schon 33-jährig zum Millionär.
Daraufhin zog er sich vom Geschäftsleben zurück, studierte Altertumskunde an der
Sorbonne, und promovierte 47-jährig zum Dr. Phil. in Rostock. Ein Spätberufener also.
Seine Forschertätigkeit führte ihn zunächst nach Hisarlık Tepe in Kleinasien zu den
bronzezeitlichen Ruinen von Troja. Dort fand er 1870 den goldenen Schatz des Priamos.
Nachdem er diesen heimlich nach Athen schaffte, handelte er sich eine Klage der
osmanischen Behörden ein. Als guter Geschäftsmann konnte er jedoch den Schatz nach
zähen Verhandlungen für 50.000 Goldfranken behalten. Noch vor seinem Tod
vermachte er ihn an Deutschland, von wo er nach dem zweiten Weltkrieg als
Beutekunst nach Moskau wanderte, und dort erst nach Jahren wieder auftauchte. Er
wird derzeit von 3 Ländern beansprucht. Needless to say, which ones. Priamos
Gold hatte es Schliemann angetan, denn er fand kurz später (1876)
bei Grabungen in Mykene in der Nähe des „Löwentors“ 13 kg davon.
Darunter Totenmasken, von denen er die schönste forsch
Agamemnon, dem sagenhaften König und Oberbefehlshaber der
griechischen Streitmacht vor Troja, zuordnete.
Das Problem dabei: die Maske stammte aus dem 16. Jahrhundert v.
Chr., also ungefähr drei Jahrhunderte vor der Zeit, die für den
eventuellen historischen Kern der Sagen um Troja und seines
Eroberers Agamemnon in Frage kommt. Letzterer hrte der Legende
nach die vereinten griechischen Heerscharen im 13. Jhdt v. Chr.
gen Troja, wie wir aus Homers Epos Ilias wissen.
Heute geht man davon aus, dass die "Maske des Agamemnon" zum
Grab eines mykenischen Fürsten einer vorhergehenden Dynastie
gehört. Diese Erkenntnis kränkte Schliemann, und war natürlich lange
umstritten. Ein lieber Kollege von ihm meinte sogar, Schliemann habe
die Maske selbst anfertigen lassen um sie heimlich zu vergraben. Sie
sei ihm ja sooo ähnlich.
Celà vole bas parfois chez les scientifiques.
Wie auch immer, die Maske zeigt das Gesicht eines Mannes mit Bart,
Schnurrbart und Augenbrauen, ist in einem gelbrötlichen, starken
Goldblech getrieben, und misst etwa 26 x 26,5 cm. Das Original ist im
Athener Archäologischen Nationalmuseum. Eine Kopie befindet sich
im Museum unterhalb der Grabungsstätte von Mykene, und ein
qualitativ hochwertige Galvanoplastische Kopien u.a. im MET (NY).
Popular art eben.
Bleibt die kuriose Tatsache, dass die Totenmaske des mykenischen
Fürsten auch heute noch "Maske des Agamemnon" genannt wird,
obwohl schon lange klar ist, dass es sich um eine Fehlzuordnung
handelt. Eine Legende eben, und diese hat ein besonders zähes
Leben.
Post scriptum: Ein ganz ähnlicher verbaler Missgriff besteht mit der
sogenannten Federkrone des Moctezumaim Weltmuseum Wien. Es
ist keineswegs gesichert dass Moctezuma den Federschmuck je zu
Gesicht bekam, geschweige den ihn getragen hat. Er heisst halt so,
weil es interessanter klingt als Federschmuck eines Priesters der
Azteken. Federkrone Wien
Nationalmuseum Athen