Versailles 1985
Auf den Spuren der Geschichte Frankreichs, Österreichs und der Schweiz
Versailles 1985
1985
In Versailles begegneten wir nicht unerwartet Relikten der ambivalenten Allianz zwischen Österreich und
Frankreich im 18. Jhdt., sowie der kriegerischen Auseinandersetzung der Eidgenossen mit dem
Königreich Frankreich im 16. Jhdt.
Zu ersterem. Martin van Meytens Gemälde Kaiserin Maria Theresia mit Familie zeigt den vorläufig
letzten Nachkömmling der Habsburger Dynastie, nämlich die kleine Marie-Antoinette im Bildzentrum.
Sie war das fünfzehnte Kind und würde einmal Ludwig XVI heiraten, was ihr nicht gut tat. Das Gemälde
blieb nach ihrer Hinrichtung in Versailles.
Der Hofmaler machte es sich leicht. Er bzw. seine Mitarbeiter änderten bei jedem neuen Ankömmling
das vorangehende Gemälde ab. Aber nur minimal, so dass manche Sprösslinge von Bild zu Bild kaum zu
wachsen scheinen, wie etwa Joseph der älteste. Auch die Gruppe spielender Hunde blieb über die Jahre
unverändert. Auffallend im Gemälde ist der Säugling im Steckkissen hinter Marie-Antoinette. Er ist
vermutlich Maximilian Franz (geb. 1756). Hat er kein eigenes Familienbild bekommen? Mädchen waren
nach der Geburt der Söhne offenbar wichtiger für die Heiratspolitik der Habsburger. Ihm wurde die
kirchliche Laufbahn zugedacht. Den letzten beissen die Hunde.
Zum zweiten. Es handelt sich um eine Wiedergabe der Schlacht bei Marignano (1515) von Jean-Honoré
Fragonard. Die Schlacht war für die Franzosen ein Triumph, für die Eidgenossen eine Katastrophe, wie
uns Ferdinand Hodler in seinem gleichnamigen Fresko im Landesmuseum Zürich drastisch vor Augen
führte*), und die manche Historiker als Auslöser für die Neutralitätspolitik des Landes ansehen.
Kunstdetails sind wichtig, auch wenn sie auf unterschiedliche Wahrheiten Bezug nehmen.
*) Ob sich unsere Erstgeborene an die so gegensätzlichen Darstellungen der Gemälde in Versailles und Zürich erinnert?
Fragonard
Hodler