Leonardo da Vinci - Die Dame mit dem Hermelin
Ein weitgereistes Mädchen als wertvollstes Kunstobjekt Polens
Das Gemälde zeigt die 17-jährige Cecilia Gallerani, Mätresse des Herzogs von
Mailand, Ludovico Sforza (Spitzname Il Moro). Auf ihrem Schoß hält sie einen
weißen Hermelin, wobei es nicht sicher ist, ob es sich nicht eher um ein
Frettchen handelt, das schon in der Renaissance als Haustier gehalten wurde.
Cecilia war ein gebildetes Mädchen, das schon im Alter von 10 Jahren verlobt
wurde, die Verlobung aber bald löste. Mit Ludovico hatte sie kurz nach
Fertigstellung des Gemäldes den gemeinsamen Sohn Cesare. Der schnöde
Herzog hatte aber inzwischen Beatrice d'Este geheiratet. So waren die
höfischen Sitten.
Das im Jahr 1490 entstandene Gemälde konnte erst 1992 Leonardo zugeordnet
werden, unter anderem dank eines Fingerabdrucks. Analysen mittels
hochauflösender Spektralkamera zeigten dass es in drei Phasen gemalt wurde.
Zunächst Cecilia ohne Hermelin mit anderer Handhaltung, dann Cecilia mit
einem mageren Hermelin in grauem Sommerfell, und schließlich Cecilia mit
einem wohlgenährten Hermelin in weißem Winterfell. Dessen nachträgliche
Hinzufügung könnte mehrere Gründe haben, etwa die Schwangerschaft
Cecilias, da der Winter-Hermelin wegen seines weißen (sprich reinen) Fells als
Schutztier der Schwangeren galt, oder der "Orden des Hermelins" den Ludovico
vom König von Neapel Ferdinand I. im Jahr 1488 erhielt, wobei sich aber dann
die Frage stellt, warum Leonardo den Hermelin nicht schon 1490 eingefügt hat.
Das Porträt hängt heute in Krakau, war aber vorher auf ausgedehnten
Reisen. Nach Cecilias Tod verschwand es für mehrere Jahrhunderte, bevor
es um 1800 in Polen auftauchte. Der polnische Fürst Adam Jerzy
Czartoryski hatte es für seine Mutter gekauft. Das Gemälde wurde lange
Zeit fälschlicherweise als das Bildnis der "Belle Ferronière", einer
berühmten Geliebten des französischen Königs Franz I., betrachtet, wie die
Inschrift LA BELE FERONIERE / LEONARD D'AWINCI in der linken oberen
Ecke zu belegen schien. Fehlanzeige.
Im Jahr 1880 gelangte das Gemälde in die Sammlung des Krakauer
Czartoryski-Museums, heute eine Zweigstelle des Krakauer
Nationalmuseums. Dann begann wieder das grosse Reisen. 1939,
unmittelbar nach der Eroberung Polens, wurde das Bild von den deutschen
Behörden beschlagnahmt und ins Bodemuseum nach Berlin gebracht
(Krakauer Kunstraub). Aber schon bald danach (1940) verlangte der
Generalgouverneur von Polen, Hans Frank, die Rückführung des Gemäldes
nach Krakau, wo es als Wandschmuck in seiner Residenz im Wawel Schloss
diente. Bei Franks Flucht 1944 nahm er das Bild dann mit nach
Deutschland. Nach dem Weltkrieg wurde es in seinem Landhaus in Bayern
von amerikanischen Truppen gefunden und zurück nach Krakau gebracht,
wie das ikonische Bild des Transports im April 1946 zeigt .
Das vorläufig letzte Kapitel schrieb der polnische Staat. Dieser kaufte Ende
2016 die gesamte Czartoryski-Kunstsammlung „zu einem niedrigen Preis,
einschließlich des Gemäldes „Dame mit Hermelin. Der Kaufpreis der
gesamten Sammlung war angeblich 100 Mio. $. Bei einem geschätzten
Gesamtwert von 2 Milliarden entspricht dies etwa 5%, und muss daher als
Geschenk an den Staat aufgefasst werden. So etwas gibt es auch im Polen
von heute. Der Vorstand der Sammlung trat jedenfalls umgehend aus
Protest zurück.
Somit bleibt die Dame mit dem Hermelin weiterhin das wertvollste
Kunstobjekt Polens.