Aber damit nicht genug. Wie steht es mit der bronzenen Wölfin selbst ? Stammt sie
tatsächlich aus der Zeit der Etrusker ? Ihren kulturellen Höhepunkt erreichten diese ja in
den Jahren 600-350 aD, und gingen nach der Eroberung durch die Römer in deren Kultur
auf. Dass die Etrusker Bronze giessen konnten, zeigen ihre eindrucksvollen Skulpturen,
etwa die Chimäre von Arezzo (500 aD) oder Ombra della sera Volterra (250 aD). Es war
also naheliegend ihnen auch die bronzene Wölfin zuzuordnen. Dies war zumindest die
Sichtweise der Fachwelt bis ins 21. Jhdt.
Dann kam die Überraschung. In den Jahren 2006-2012 gelang es einem Forscher
der Università del Salento (Anna Maria Carruba) organisches Material aus Metall-
Einschlüssen während des Herstellungsprozesses des Gusses zu extrahieren, dieses
spektroskopisch zu untersuchen und mittels Radiokarbon Methode zu datieren. Das
Ergebnis war ernüchternd. Es zeigte sich, dass die Wölfin nicht etruskischen Ursprung ist,
sondern erst im 11. bis 12. Jhdt, d.h. im Mittelalter gegossen wurde, möglicherweise als
Nachbildung einer beschädigten älteren Version. Das heute ausgestellte Symbol Roms ist
also kein Original der Etrusker, sondern eine Kopie aus späteren Zeiten. Wiederum eine
Legende weniger, zerstört durch die Erkenntnis moderner wissenschaftlicher Analysen.
Analysen von Erd-Einschlüssen sorgten kürzlich für eine andere Überraschung im
Zusammenhang mit einem Kunstobjekt des antiken römischen Reichs: des im Zollfreilager
von Genf lagernden "Sarkophag des Herkules“. Er stellte sich als Diebsgut aus Kleinasien
heraus, und musste 2017 an die Türkei restituiert werden (siehe nebenan).
Chimäre von Arezzo Ombra della sera
Volterra
Sarkophag des Herkules