Günther Ohloff (1924–2005) war Chemiker und Forschungsdirektor des Genfer
Duftstoffherstellers Firmenich. Er lebte gegenüber von uns, und wir wurden gute Freunde.
“Un collègue et néanmoins ami”, nannten wir solche Personen an der Fakultät.
Günther war kunstaffin; er hatte eine Gemäldesammlung mit Werken der klassischen
Moderne (Klee, Albers, u.a.), und weckte mein Interesse an Parfums. Das Foto zeigt ihn auf
unserer Terrasse wie er mir gerade ein Exemplar seines letzten Buchs “Düfte, Signale der
Gefühlswelt” überreicht. Mit persönlicher Widmung. Sein Buch Irdische Düfte himmlische
Lust (Kulturgeschichte der Duftstoffe) hatte er mir schon früher geschenkt, ebenfalls mit
Widmung.
Auf dessen Umschlag war eine Frau im négligée abgebildet, die aus einem mir unbekannten
Gemälde stammte. Auf meine diesbezügliche Frage antwortete mir Günther, ich würde es
sicher selbst herausfinden. Das war damals noch nicht so leicht wie heute mit den
Computergestützten Erkennungsprogrammen.
Ich fand es schliesslich. Es war aus Antoine Watteaus La toilette intime.
Im Gegensatz zu Watteaus Jupiter et Antiope am Cover von Süskinds “Parfum” hat dieses
Gemälde tatsächlich etwas mit Parfums zu tun. Parfümierte Tücher wurden damals für die
Intimwäsche verwendet. Warum Günther auf jeglichen Hinweis auf diesen (angeblich)
einzigen nicht allegorischen Akt Watteaus verzichtete, bleibt mir schleierhaft.
Schalkhaftigkeit oder verkaufsförderne Diskretion?
Patrick Süskind
Das Parfum
2004
Jupiter et Antiope
Watteau
Düfte