Pablo Picasso - Tête de jeune fille
harte Strafe für ein Zollvergehen
Interessantes Bild. Picasso malte es 1906, d.h. noch vor seiner Kubismus
Periode. Wenn man die Kopfform und Augen seiner "jeune femme" mit den
Fräuleins auf der linken Bildhälfte seiner "Demoiselles d'Avignon" aus dem
Jahr darauf (1907) vergleicht, scheint sich diese Periode bereits
abzuzeichnen.
Das Bild kam aber aus einem anderen Grund in die Medien. Ende Juli 2015
wurde es völlig überraschend auf einer Yacht im Hafen von Calvi (Korsika)
beschlagnahmt. Von französischen Zollbeamten der Hafenpolizei, welche
im Auftrag der spanischen Behörden handelten. Was war passiert?
Der Besitzer der - unter englischer Flagge segelnden - Yacht Adix war Jaime
Botín, Bruder des 2014 verstorbenen Direktors der Banco Santander Emilio
Botín und Milliarden-schweres Mitglied der Bankiersfamilie. Erworben
hatte er das Gemälde 1977 in London und brachte es nach Spanien. Dazu
muss gesagt werden, dass Kunstwerke, die älter als 100 Jahre sind und als
kulturell bedeutend gelten, nach spanischem Recht als Nationalschatz
deklariert werden können. Eigentümer müssen dann eine Genehmigung
einholen, bevor sie eine solche Arbeit außer Landes bringen dürfen.
Darunter fiel auch dieser Picasso.
1906
1907
Jaime Botín hielt sich offenbar nicht an diese Vorgabe als er versuchte das
Bild über Korsika in die Schweiz zu schaffen. Es sollte ihm teuer zu stehen
kommen. Letztes Jahr (2020) d.h. 5 Jahre nach der Beschlagnahme des
Bildes, wurde der 83-jährige Milliardär zu 18 Monaten Haft und einer
Geldstrafe von 52,4 Millionen Euro wegen „Schmuggels von Kulturgütern
verurteilt. Harte Strafe. Damit aber nicht genug: das auf 25 Mio Euro
geschätzte Bild ging gemäß einer Gesetzesnovelle von 1985 über
Kulturgüter in spanischen Staatsbesitz über. Es ist heute im Bestand des
Reina Sofia-Museums in Madrid, wird aber dort nicht ausgestellt, denn
Jaime Botín legte verständlicherweise Berufung ein.
Das Mitgefühl mit ihm mag sich in Grenzen halten, wenn man sich an den
Schwarzgeldskandal des Genfer HSBC Ablegers (Hervé Falciani) erinnert, in
dessen Folge gegen die Familie Botin wegen des Verdachts auf
Steuerhinterziehung ermittelt wurde, und diese die Bagatelle von 200 Mio
€ an den span. Fiskus zahlte um ihre Situation zu «regularisieren». In
Erinnerung auch die ungute Affaire um den Genfer Ableger der Bank
Santander (“Optimal ») der in den Maddoff Skandal verwickelt war.
Die geplante Ausfuhr des Picasso Gemäldes nach Genf wurde übrigens
von Jaime Botins Sohn, Alfonso, vom adretten 3-Master « Adix » aus
organisiert. Man sieht, der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.
Bleibt trotzdem die Frage, ob der Staat einen Privatmenschen so einfach
enteignen kann.