Fernkorn-Reiterstandbild Erzherzog Carl
Levade ohne stützenden Schweif als Zeugin der Geschichte
Vor Waterloo musste Napoleon I. nur wenige Niederlagen einstecken. Eine davon fügte ihm
Erzherzog Carl von Österreich-Teschen zu, und zwar 1809 in Aspern, was die Wiener
Stadväter aber erst hundert Jahre später (1909) zur Namenstaufe der Aspernstrasse in
einem Vorort Wiens jenseits der Donau inspirierte. Dass sich Napoleon nur 2 Wochen später
bei Wagram revanchierte wird in Wien gerne vergessen, nicht aber in Paris, wo es schon seit
1864 eine Avenue de Wagram gibt, und zwar zentral weg vom Arc de Triomphe.
Man erinnerte sich erst spät der ruhmvollen Tat des Erzherzogs, und zwar dann, als Kaiser
Franz Josef die Ringstraße ersann und beschloss, sie mit allerlei Denkmälern zu zieren. Dazu
überließ er Anton Dominik Fernkorn die alte kaiserliche Kanonengießerei in der
Gußhausstraße, wo später Hans Makart sein Atelier einrichten sollte. Ohne diese Gründung
des Fernkornschen Erzgußhauses*) wären die vielen Denkmäler der Ringstraße, von denen
Erzherzog Carl den Auftakt machen sollte, nicht machbar gewesen: die "Denkmalpest" hatte
begonnen.
*) heute Gusshausstrauße, ganz in der Nähe von Marie-Thérèses Wohnung in der Schwindtgasse
Erzherzog Carl von Österreich-
Teschen, Sohn von Leopold II von
Habsburg-Lothringen (HRR)
Kaiser Franz Joseph 35-jährig
Vorlage zum Standbild des Erzherzogs war ein Gemälde des Wiener
Biedermeiermalers und späteren Direktors des Belvedere, Johann Peter
Krafft (1809), der sich seinerseits von Jacques Louis Davids Bild "Bonaparte
beim Überschreiten der Alpen am Großen Sankt Bernhard" inspirierte (ob
sich dieser seinerseits vom Entwurf des grossen Leonardo inspirierte,
verschweigt die Chronik). Dass man dem Besiegten (Carl) die Ehre erwies in
der Pose des Siegers (Napoleon) verewigt zu werden, war sicher ungewollt,
und ist eine Ironie der Kunstgeschichte. Das Standbild entstand 1853-59 und
steht am Wiener Heldenplatz (1,2,3). Seinen Sockel entwarf Eduard van der
Nüll, der unglückliche Miterbauer der kaiserlichen Hofoper (spätere
Staatsoper) der in der Folge Suizid beging.
Was ist das Besondere am Erzherzog Carl Standbild ? Es ist die
Pferdestellung Levade. Im Gegensatz zu den meisten anderen
Reiterstandbildern in dieser Stellung, wie etwa jenes des Prinzen Eugen
nebenan, ist das Pferd des Erzherzogs lediglich auf seinen 2 Hinterbeinen
mit dem Sockel verankert, und nicht etwa vom Schweif gestützt. Dieser
Gleichgewichtsakt ist eine bemerkenswerte bildhauerische Leistung, zumal
er bis heute Wind und Wetter getrotzt hat. Die anderen bekannten
Reiterstandbilder in Levade-Stellung ohne Schweifstützung sind jüngeren
Datums.
Prinz Eugen (Fernkorn1865)
Erzherzog Carl (Fernkorn 1853-59)
Leonardo da Vinci 1488/89
David-1801-1805
Krafft 1809
Pferdestatuen