Der Selbstmord der „schönen“ Kleopatra
Kunst im Dienst zweier Legenden
Jaja, die schöne Kleopatra. Gemeint ist Nummer VII, die letzte ägyptische Königin. Sie war
angeblich nicht nur schön, sondern befördete sich auch publikumswirksam selbst vom
Leben in den Tod. Mit nur 39 Jahren und einer Giftschlange. Ideale Voraussetzungen zur
Legendenbildung, und ein dankbares Kunstmotiv.
Kleopatra entstammte dem altmakedonischen Adel und war letzte Herrscherin des
ägyptischen Ptolemäerreiches (51-30 v. Chr.). Zur Konsolidierung ihrer Macht gewann sie
als Liebhaber die beiden mächtigsten Römer ihrer Zeit, zuerst Gaius Iulius Caesar und nach
dessen Ermordung Marcus Antonius. Antonius’ Niederlage gegen den späteren Kaiser
Augustus (Octavian) bedeutete das Ende ihrer Herrschaft. Kleopatra und Antonius
begingen Selbstmord, und Ägypten wurde zur römischen Provinz Aegyptus.
Zunächst zu Kleopatras Schönheit. Ihr gutes Aussehen wurde von William Shakespeare bis
zu Asterix gepriesen. De mortuis nil nisi bene, aber in Wirklichkeit war Kleopatras
Schönheit nicht ihr größter Vorzug. Eine fliehende Stirn, das Kinn spitz, die Nase gross und
kantig und die Lippen schmal: so hat die ägyptische Herrscherin tatsächlich ausgesehen.
Ähnlichkeit mit Elizabeth Taylorim Film Kleopatra“ (1963) hatte sie jedenfalls nicht.
69-30 v. Chr.
Kleopatra
Elizabeth Taylor
Da wären zunächst diverse Münzportts, wie die aus Kupfer aus
Alexandria, oder die aus Silber zusammen mit Antonius, auf dem
sie mit kantiger Nase wenig vorteilhaft dargestellt wird. Und dann
die Berliner Marmorbüste im Profil, wiederum mit eindrucksvollem
Riechorgan. Ihre Büste im Vatikanischem Museum ist zwar
ästhetisch ansprechender, ihr fehlt aber die Nase. Man fragt sich
warum. Bezüglich der Schönheit Kleopatras bleibt einem jedenfalls
nicht der Atem weg.
Nichtsdestotrotz wurde Kleopatra von den meisten Künstlern als
Schönheitskönigin dargestellt. Am eindrucksvollsten wohl von
Guido Cagnacci, der hinsichtlich eigener Attraktivität von der Natur
nur stiefmütterlich behandelt wurde. Dem Todesdrama wie zum
Trotz ruht der erotisch inszenierte weibliche Körper vor rotem
Samthintergrund. Nach dem todbringenden Biss windet sich die an
den römischen Bewachern vorbei geschmuggelte Giftschlange
beinahe zärtlich um den Arm der besiegten Königin. Die
dargestellten Gefühle der Zeuginnen des tragischen Moments
reichen von scheinbar distanzierter Beobachtung bis zu ergriffener
Trauer. Ein wahrlich gelungenes Gemälde, und eine schöne
Visitenkarte des KHM Wien.
Nase
Cabanels Darstellung steht hinsichtlich Erotik jener Cagnaccis kaum nach, leidet aber
unter der störenden Anwesenheit der zum Tode verurteilten Sklaven, an denen
Kleopatra das Gift angeblich ausprobierte.
Auch Makart gab sich Mühe. Er traf die Schlange gut, schoss aber bei der Wiedergabe
der den Körper umhüllenden Textilien übers Ziel hinaus. Grund dafür war vermutlich
dass ihm die berühmte Burgschauspielerin Charlotte Wolter Modell saß. Zumindest
überzeugte das Gemälde seinen jetzigen fürstlichen Besitzer in Vaduz.
Nur Böcklins Darstellung lässt hinsichtlich Schönheit zu wünschen übrig, kommt aber der
Realität vermutlich am nächsten, während Rixens Darstellung kurioserweise ganz ohne
Schlange auskommt.
Zur Legende des Schlangenbisses wäre noch zu sagen, dass im alten Ägypten die
Uräusschlange in Form der Kobra als Göttin und Schutzsymbol verehrt wurde, und den in
den Gemälden dargestellten Schlangen keineswegs ähneln. Auch gilt es als
wahrscheinlich, dass die besiegte Königin den Biss dieser Schlange nur vorgetäuscht hat,
und eine weniger schmerzhafte Giftmischung gewählt hat, um der öffentlichen
Zurschaustellung in Rom zu entgehen. Die Legende mit der Schlange entstand vermutlich
als Augustus (Octavian) nach seinem Sieg bei Actium 31 v. Chr. eine Nachbildung
Kleopatras mit Schlange bei einem Triumphzug in Rom zur Schau stellte (Cassius Dio
dixit). Oder wurde sie etwa von Augustus selbst umgebracht und die Schlange war nur
ein Vorwand?
Helden/Heldinnen kommen und gehen, aber Legenden bleiben für immer. Oder wie
Stefan Zweig bei anderer Gelegenheit meinte: “Elisabeth, die Realistin, siegt in der
Geschichte, Maria Stuart, die Romantikerin, in Dichtung und Legende”
Cabanel
Makart Boecklin
Uräusschlangen
Rixens