Cabanels Darstellung steht hinsichtlich Erotik jener Cagnaccis kaum nach, leidet aber
unter der störenden Anwesenheit der zum Tode verurteilten Sklaven, an denen
Kleopatra das Gift angeblich ausprobierte.
Auch Makart gab sich Mühe. Er traf die Schlange gut, schoss aber bei der Wiedergabe
der den Körper umhüllenden Textilien übers Ziel hinaus. Grund dafür war vermutlich
dass ihm die berühmte Burgschauspielerin Charlotte Wolter Modell saß. Zumindest
überzeugte das Gemälde seinen jetzigen fürstlichen Besitzer in Vaduz.
Nur Böcklins Darstellung lässt hinsichtlich Schönheit zu wünschen übrig, kommt aber der
Realität vermutlich am nächsten, während Rixens Darstellung kurioserweise ganz ohne
Schlange auskommt.
Zur Legende des Schlangenbisses wäre noch zu sagen, dass im alten Ägypten die
Uräusschlange in Form der Kobra als Göttin und Schutzsymbol verehrt wurde, und den in
den Gemälden dargestellten Schlangen keineswegs ähneln. Auch gilt es als
wahrscheinlich, dass die besiegte Königin den Biss dieser Schlange nur vorgetäuscht hat,
und eine weniger schmerzhafte Giftmischung gewählt hat, um der öffentlichen
Zurschaustellung in Rom zu entgehen. Die Legende mit der Schlange entstand vermutlich
als Augustus (Octavian) nach seinem Sieg bei Actium 31 v. Chr. eine Nachbildung
Kleopatras mit Schlange bei einem Triumphzug in Rom zur Schau stellte (Cassius Dio
dixit). Oder wurde sie etwa von Augustus selbst umgebracht und die Schlange war nur
ein Vorwand?
Helden/Heldinnen kommen und gehen, aber Legenden bleiben für immer. Oder wie
Stefan Zweig bei anderer Gelegenheit meinte: “Elisabeth, die Realistin, siegt in der
Geschichte, Maria Stuart, die Romantikerin, in Dichtung und Legende”
Cabanel
Makart Boecklin
Uräusschlangen
Rixens