Caravaggio-Enthauptung des Johannes
ein makabres Detail auf Malta
Enthauptungen haben es in sich. Grässlich, aber unter Künstlern nicht unbeliebt. Maler
schätzten insbesondere jene des Johannes des Täufers, dem letzten Propheten des
alten Testaments. Das belegen eine Unzahl von Gemälden, in denen das Resultat der
Enthauptung mit mehr oder weniger Details, wechselnden Akteuren aber konstanter
Grausamkeit dargestellt wurde. Verantwortlich für die Enthauptung war bekanntlich
Salome, die tanzende Tochter der Herodias, welche auf Wunsch ihrer Mutter den Kopf
des Johannes forderte, diesen bekam, und ihn brav ihrer Mutter übergab
Die makabre Serie der abgeschnittenen Johannesköpfe begann in der Vorrenaissance,
etwa mit Giotto di Bondone und seinem Banchetto di Erode bei dessen Gastmahl des
Herodes Salome den Kopf des Johannes ihrer Mutter am gedeckten Tisch reicht, ähnlich
wie in der Renaissance mit Fra Filippo Lippi, und Johannes von Flandern. Bei Florian
Winkler wartet Salome hilfsbereit mit einer Schale, während sie sich bei Bernardino
Luini diskret von der Schale abwendet. Lucas Cranach wiederum lässt den Kopf zum
Gastmahl des Herodias servieren. Bei Tizian bzw. seinen Schülern stemmt Salome den
Kopf in einer Version, und in einer anderen eine Früchteschale. Maerten de Vos wählt
eine besonders gruselige Darstellung…. Johannes-unplugged.
Fra Filippo Lippi 15 Jhdt
Johannes von Flandern
1496
Bernardino Luini 1515/25 Lucas Cranach 1539
Tizian 1550 1555 Maerten de
Vos 1574
Florian Winkler 1485
Giotto ca 1320
Johannes
Die grauenhafte Serie der abgeschnittenen Köpfe des Johannes setzte sich im Barock fort,
etwa mit Caravaggios Enthauptung, und erstreckte sich bis in die Moderne, etwa mit Franz
von Stucks tanzender Salome und Lovis Corinths Salome II, beide Damen - dem Zeitgeist
entsprechend - barbusig. Corinths Darstellung weicht insofern vom üblichen Canon ab als er,
der Maler mit feinem Sinn fürs Grobe, Salome als eiskalte femme fatale darstellt, die in
morbider Weise mit spitzen Fingern die Augen des Toten öffnet. Wie in Oskar Wildes
Theaterstück wird sie für den Tod des Johannes als alleine verantwortlich dargestellt.
Allen Darstellungen gemeinsam ist, dass die Enthauptung selbst im allgemeinen nicht
dargestellt wird. Dies blieb einer anderen Frauenfigur und ihrem Opfer vorbehalten, nämlich
der schönen und gottesfürchtigen Witwe Judith und ihrem Opfer Holofernes, Nebukadnezras
assyrischen General, den sie grausam selbst köpfte, wie im alten Testament berichtet. Quel
horreur! Aber dies ist eine andere Geschichte.
Zurück zur Enthauptung des Johannes. Kunsthistorisch am dankbarsten ist Caravaggios
Version. Nach dem Totschlag in Rom und der Flucht nach Malta hatte das Malergenie den
Großmeister des Malteserordens mit diesem monumentalen Gemälde (361 x 520 cm)
betört. Es ist dem Patron der Malteser gewidmet und hängt heute im Oratorium der St.
John's Co-Cathedral in Valletta, unweit eines anderen Porträts Caravaggios, Saint Jerome
Writing. Dafür wurde er zum Ritter des Malteserordens ernannt, musste aber nach einer
tätlichen Auseinandersetzung nach Sizilien fliehen, und kehrte nach einem Jahr nach Neapel
zurück. Auf die Aufhebung seiner Verbannung aus Rom wartend, starb er im zarten Alter von
38 Jahren.
Franz Stuck
Lovis Corinth
Caravaggios Enthauptung des Johannes ist auch aus anderen Gründen
bemerkenswert. Erstens zeigt der Künstler, im Gegensatz zu den meisten
seiner Vorgänger und Nachfahren, die grausame Enthauptung des
Propheten selbst (ähnlich seinen David-Goliath und Judith-Holofernes
Gemälden), Zweitens war Caravaggio dafür bekannt, seine Gemälde nicht
zu signieren. Dass dies nicht stimmt, zeigt ein besonders makabres Detail
seines Johannes Gemäldes. Am unteren Bildrand rechts erkennt man wie
sich das Blut des Märtyrers zu den Buchstaben: "F Michel Ang" - Fra Michel
Angelo formt. Das kann nur Caravaggio selbst sein, denn er hiess mit vollem
Namen Michelangelo Merisi da Caravaggio. Somit besteht kaum ein Zweifel
dass Caravaggios Johannes das einzige erhaltene Werk ist, das er signiert
hat. Buchstäblich mit Blut - demjenigen Johannes des Täufers. So steht es
zumindest in vielen Beschreibungen. Auch das stimmt aber nicht.
Caravaggio signierte schon vorher ein anderes Gemälde: die erste Version
seiner Medusa (Murtola), angeblich mit seinem eigenen Blut.
So nebenbei: das blutige Gemälde - und den weniger blutigen Hl.
Hieronymus nebenan - hätten wir anlässlich unseres Besuchs in Valletta
2002 aus der Nähe sehen können. Wir verzichteten aber uns in St Johns
vorzudrängen, denn man wird dort an die Bilder sowieso nicht nahe genug
herangelassen.
Auf der Terrasse von Doris und Rudi Weissenbergers Wohnung in St. Julian
über dem Hafen trösteten wir uns darüber hinweg.
Medusa