Die grauenhafte Serie der abgeschnittenen Köpfe des Johannes setzte sich im Barock fort,
etwa mit Caravaggios Enthauptung, und erstreckte sich bis in die Moderne, etwa mit Franz
von Stucks tanzender Salome und Lovis Corinths Salome II, beide Damen - dem Zeitgeist
entsprechend - barbusig. Corinths Darstellung weicht insofern vom üblichen Canon ab als er,
der Maler mit „feinem Sinn fürs Grobe“, Salome als eiskalte femme fatale darstellt, die in
morbider Weise mit spitzen Fingern die Augen des Toten öffnet. Wie in Oskar Wildes
Theaterstück wird sie für den Tod des Johannes als alleine verantwortlich dargestellt.
Allen Darstellungen gemeinsam ist, dass die Enthauptung selbst im allgemeinen nicht
dargestellt wird. Dies blieb einer anderen Frauenfigur und ihrem Opfer vorbehalten, nämlich
der schönen und gottesfürchtigen Witwe Judith und ihrem Opfer Holofernes, Nebukadnezras
assyrischen General, den sie grausam selbst köpfte, wie im alten Testament berichtet. Quel
horreur! Aber dies ist eine andere Geschichte.
Zurück zur Enthauptung des Johannes. Kunsthistorisch am dankbarsten ist Caravaggios
Version. Nach dem Totschlag in Rom und der Flucht nach Malta hatte das Malergenie den
Großmeister des Malteserordens mit diesem monumentalen Gemälde (361 x 520 cm)
betört. Es ist dem Patron der Malteser gewidmet und hängt heute im Oratorium der St.
John's Co-Cathedral in Valletta, unweit eines anderen Porträts Caravaggios, Saint Jerome
Writing. Dafür wurde er zum Ritter des Malteserordens ernannt, musste aber nach einer
tätlichen Auseinandersetzung nach Sizilien fliehen, und kehrte nach einem Jahr nach Neapel
zurück. Auf die Aufhebung seiner Verbannung aus Rom wartend, starb er im zarten Alter von
38 Jahren.
Franz Stuck
Lovis Corinth