Sergius Pauser - Staatsvertragsbild 1955
Wenn Politik Kunst zu Geschichtsklitterungg instrumentalisiert
Bekanntlich wurde Österreich 1955 nach der Unterzeichnung des Staatsvertrags
durch Vertreter der alliierten Besatzungsmächte USA, Frankreich, Großbritannien und
der damaligen Sowjetunion wieder ein selbstständiger Staat. Um die Zeremonie im
Schloss Belvedere festzuhalten, beauftragte Unterrichtsminister Drimmel den akad.
Maler Sergius Pauser (1896-1970) an Ort und Stelle Pastellskizzen anzufertigen.
Dies führte zum ersten Kunstskandal der jungen 2. Republik. Dem damaligen
Bundeskanzler Julius Raab war das Resultat entschieden zu «modern», vor allem
waren keine Gesichter zu erkennen. Er soll daher ausgerufen haben: «Fahrt's ab mit
dem Dreck, dös malt der Fuchs»*). Er beauftragte Robert Fuchs, der an der
Zeremonie gar nicht anwesend war, den Vorgang anhand von Fotografien und
Atelierporträts nachträglich zu rekonstruieren. Natürlich mussten jetzt auch Politiker
und Hofräte - insgesamt 80 - aufs Bild, die bei der Zeremonie ebenso wenig dabei
gewesen waren wie der Maler selbst, und natürlich in einer Aufstellung, die ihrem
Rang und ihrer Wichtigkeit entsprach (siehe Detail). Die tatsächlich anwesenden
Presseleute wurden kurzerhand weggelassen. Dafür war das offizielle Gemälde mehr
als doppelt so gross als jenes des verschmähten Pauser.
*) Robert Fuchs, akad.Maler, 1896-1981, ehemaliges Mitglied der Arbeitsgemeinschaft
nationalsozialistischer Künstler und der (illegalen) NSDAP.
Sergius Pauser
Robert Fuchs
Detail
Beide Bilder hingen durch einige Jahre im Bundeskanzleramt (BKA)
in jenem Eckzimmer, wo der austrofaschistische Kanzler Engelbert
Dollfuss 1934 von österreichischen Nationalsozialisten ermordet
wurde. Erst 2018 wurde Pausers Bild in den Bestand des Museums
Niederösterreich (Haus der Geschichte) in St Pölten übernommen.
Zum Bild von Fuchs gibt es eine köstliche Anekdote: als sich der
spätere Bundeskanzler Bruno Kreisky 1980 vor laufender
Fernsehkamera an den Staatsvertrag erinnerte, zeigte er auf einen
Mann auf dem Fuchsbild und sagte, er sei das Punkterlauf dem
Schinken. Der Maler beschwerte sich postwendend ber diese
abschätzende Bezeichnung. Kreisky beauftragte daraufhin einen
Mitarbeiter, eine positive Definition frden Begriff Schinkenzu
suchen. Dieser wurde fndig: in der Ausgabe des Meyers
Konversationslexikons von 1884 wurde das Wort Schinkenauch
frKolossalgemldeangefhrt. Der Bundeskanzler ließ einen
entsprechen Brief an Fuchs schreiben, und dieser war zufrieden.
Bleibt nichtsdestotrotz dass das Bild eine Geschichtsfälschung ist.
Bruno Kreisky
BKA Wien St Pölten 2018