Gustav Klimt Litzlberg am Attersee
Eine klassische Restitution mit Happy End, das Bild ist allerdings seither verschwunden
Gustav Klimt verbrachte die Sommermonate von 1900 bis 1907 in Litzlberg
am Attersee. Sein Gemälde zeigt angeblich das dortige Seeufer mit dem
Braugasthof in dem er untergebracht war, und den nahe gelegenen Mayrhof
von dem er Milch bezog, sowie die umgebende Landschaft. Das kann nicht
ganz stimmen. Die hügelige Landschaft erinnert eher an Unterach am
Südufer des Attersees, siehe Detail.
Das Bild entstand vermutlich erst Jahre später in Klimts Atelier in Wien
(Sommer 1915?) und wurde nach einem zeitgenössischen Foto gemalt, denn
Litzlberg und Unterach kann man so nur vom Boot aus sehen.
Es ist eines der späten Landschaftsbilder Klimts, und zeichnet sich durch eine
nahezu monochrome Farbgebung und mosaikartigen Farbauftrag mit
flächiger Gestaltung aus. Die deutlich stilisierte Behandlung der Landschaft
entspricht den Prinzipien des Jugendstils, die Malweise, mit nervösem
Pinselduktus und irisierender Bildoberfläche, zeigt jedoch eine eigenständige
Verwertung des Pointillismus, und weckt Assoziationen zur Mosaikkunst, der
sich der Künstler in seinen dekorativen Arbeiten zugewandt hatte.
Zur Provenienz: das Gemälde gehörte zunächst zur Kunstsammlung von
Viktor Zuckerkandl und seiner Frau Paula, und hing in deren Heim, dem
späteren Sanatorium Purkersdorf.
Detail
Nach dem Tode Viktors und seiner Frau 1927 erbte Viktors
Schwester Amalie Redlich (geborene Zuckerkandl) einen Teil des
Sanatoriums und erwarb aus dem Nachlass ihres Bruders mehrere
Gemälde, darunter Klimts Litzlberg am Attersee. Sie zog in die Villa
Eugenauf dem Sanatoriumsgelände, wohin ihr 1935 ihre Tochter
Mathilde Jorisch und deren Sohn Georg Jorisch (geb. 1928 in Wien)
folgte. 1938 flüchteten Georg Jorisch und sein Vater nach Brüssel
und wanderten in den 1950er nach Kanada aus. Amalie und
Mathilde blieben und wurden 1941 in ein NS-Konzentrationslager
in Polen deportiert und dort ermordet. Die Gestapo
beschlagnahmte das Bild aus Redlichs Wiener Wohnung und
verkaufte es an den Salzburger Kunsthändler Friedrich Welz, der es
seinerseits gegen ein Werk aus der Salzburger Landesgalerie
eintauschte. Dort wurde "Litzlberg am Attersee" inventarisiert und
gelangte später in den Besitz der Nachfolgerin der Landesgalerie,
der Sammlung Rupertinum, heute Museum der Moderne.
Nachdem sich die Gesetzeslage zur Restitution von NS-geraubten
Kunstwerken in Europa geändert hatte, begann Georg Jorisch in
den 1990er Jahren seine Nachforschungen zu den enteigneten
Bildern seiner Großmutter, und wurde fündig. Er konnte
nachweisen, dass "Litzlberg am Attersee" unter jenen Gemälden
war, die der Familie von den Nazis geraubt wurden.
In Salzburg wusste man spätestens 2006, dass die Provenienz des
Gemäldes ungeklärt war. Es bestand zwar kein klagbarer Anspruch
auf das Gemälde - es befand sich in Salzburger Landesbesitz und
nicht in Bundesbesitz - aber es lag ein Akt der Selbstbindung der
Salzburger Landesregierung vor, der sich an den bundesgesetzlichen
Grundlagen orientiert.
Nach anfänglichen zögern wurde das Bild restituiert und 2011 für 40
Mio $ versteigert. Georg Jorisch zeigte sich dabei von einer noblen
Seite, denn er spendete davon über eine Million für einen Anbau des
Rupertinums ("Amalie Redlich Turm"). Museumsdirektor Toni
Stooss sprach von einer "versöhnlichen Lösung". Er hätte das Bild
nicht behalten können, erklärte Georg Jorisch. "Ich habe weder den
Platz noch die Versicherung für so etwas." Mit dem Geld werde er
seine Enkelkinder auf gute Schulen schicken. Das Bild sei "Zeuge der
Zeit", betonte er. Es sei zunächst nicht leicht gewesen, es
zurückzubekommen. "Aber die neue Generation - das sind ganz
andere Menschen geworden in Österreich." Schöne Worte. Er starb
2012 nur ein Jahr nach der Restitution.
Einziger Wehrmutstropfen: das Bild ist seit der Versteigerung 2011
"verschwunden" und kann nicht mehr besichtigt werden. Ob es sich
noch immer in dem von Josef Hoffmann konzipierten originalen
Metallrahmen befindet?
Toni Stoss