Martin van Meytens - Kaiserin Maria Theresia
mit Familie
Who is who einer wunderbaren Bildvermehrung
Bekanntlich ehelichte die österreichische Erzherzogin Maria Theresia 1736 ihren
Franz I. Stephan von Lothringen mit dem Ziel die Macht der Habsburger zu
erhalten. Dies gelang ihr in so aufopfernder wie hervorragender Weise. Das Paar
brachte es auf nicht weniger als 16 Kinder (11 Töchter, 5 Söhne), auch wenn der
ersehnte Thronerbe (Joseph) erst 5 Jahre nach der Hochzeit zur Welt kam.
Natürlich wurden die sich überpurzelnden Ereignisse vom damaligen Hofmaler van
Meytens in dutzenden Gemälden festgehalten. Maria Theresia war ja
dauerschwanger.
Einzigartig ist das obige Gruppenbild mit 11 Kindern aus dem Jahre 1754 (heute in
Schönbrunn) deswegen, weil es in den Folgejahren immer wieder abgeändert
wurde, um die neu hinzukommenden Kinder zu verewigen. So entstanden mehrere
Versionen, darunter eine 1756 mit 12 Kindern aus Anlass der Geburt von Marie
Antoinette (heute in Versailles), und eine angeblich noch im selben Jahr mit 13
Kindern aus Anlass der Geburt von Maximilian (heute Palazzo Pitti in Florenz). So
steht es zumindest in den Kunstführern, darunter auch in der offiziellen Webseite
der Uffizien und der Gemäldebeschreibung in der Palatine Galerie im Palazzo Pitti.
Franz Stephan von Lothringen
und Maria Theresia
Palazzo Pitti Version
Das Problem damit: nicht alles stimmt. Es existieren nicht 3 sondern 4 Versionen. Die erste entstand schon 1752
(KHM Wien) und zeigt 9 Kinder. Nicht nur das, in der Pitti Version ist - im Gegensatz zur Versailles Version - auch
nicht die "ganze" Familie abgebildet, wie behauptet ("...depicts the imerial family of the house of Habsburg in ist
entirety"), sondern nur der damals verbleibende Teil, 3 Töchter waren ja bereits verstorben (an Pocken wie MT
selbst ???).
Auch mit dem Datum der Pitti Version kann es nicht ganz stimmen: sie entstand vermutlich nicht 1756 sondern erst
1757, denn der im Steckkissen frech hervorlugende Maximilian (vorausgesetzt es ist er) wurde ja erst im Dezember
1756 geboren. Dass die abgebildete Schlossterasse in Schönbrunn imaginär ist, wiegt weniger schwer. Künstlerische
Freiheit. Schwerer wiegt, dass in der Versailles Version die Besetzung des Stuhls in der Mitte alles andere als klar
ist. Wenn es Marie Antoinette ist - was viele denken wer ist dann der Säugling im Steckkissen dahinter ? Der
scheint ja wesentlich jünger zu sein als das Mädchen im Stuhl (wenn es eines ist). Who-is-who?
Pitti 1756 13 Kinder
Schönbrunn 1754 11 Kinder Versailles 1756 12 Kinder
KHM Wien 1752 9 Kinder
Pitti 1756 13 Kinder
Schönbrunn 1754 11 Kinder Versailles 1756 12 Kinder
KHM Wien 1752 9 Kinder
Eine besondere Pikanterie ist, dass die Bilder dieser "Serie" im fraglichen Zeitraum (1752-1757) praktisch
unverändert blieben. Meytens, oder seine Mitarbeiter, machten es sich insofern leicht, als sie die
meisten Personen und ihre Umgebung ganz einfach kopierten, und nur den zentralen Teil der Gemälde
mit den jeweiligen Neuankömmlig ergänzten. Und selbst da übten sie sich in Sparsamkeit: in der letzten
Version (Pitti) änderten sie nicht einmal das Steckkissen und legten einfach Maximilian anstatt Marie
Antoinette hinein. Oder ist es doch Antoinette? Die Bilder können also nur anhand kleiner Details
voneinander unterschieden werden. Kein Wunder dass da einige Sachen durcheinander gerieten.
Es kam aber auch zu anderen kuriosen Begleiterscheinung, etwa dass die Kinder durch 5 Jahre hindurch
auf den Gemälden praktisch nicht wuchsen.
Joseph II. (geboren 1741, re von Bildmitte an re. Seite seiner Mutter) liefert dazu ein besonders krasses
Beispiel: zwischen 1952 (11 jährig) und 1757 (15 jährig) bleibt seine Körpergrösse trotz üblichem
Wachstumsschub praktisch konstant. Bei seinem jüngeren Bruder Peter Leopold (ganz re an li. Seite
seiner Mutter) ist es ähnlich. Zwischen 1952 (5 jährig) und 1757 (10 jährig) scheint sein Wachstum zu
stocken. Nicht zu reden von den beiden älteren Schwestern. Sogar die 2 spielenden Hunde sind auf allen
Versionen identisch. Von Spontaneität keine Spur, von einem Jahr aufs andere wurden sie einfach
kopiert. Nur die Wolken über dem Familienidyll ändern sich... und das nur marginal.
Welch Kontrast zu Meytens Jugendwerk, in dem er noch fleissig beide Seiten einer Kupfertafel bemalte.
Vor seiner “ kniende Nonnewäre auch Rubens erblasst. Man fragt sich wie Meytens mit diesem Werk
dem "Keuschheitsgericht" seiner erzkatholischen und konservativen Regentin in Wien entkommen
konnte. Heute kann man es nur in Stockholm bewundern. Eigentlich schade.
Meytens Nonne 1731
Pitti 1756 13 Kinder
Schönbrunn 1754 11 Kinder Versailles 1756 12 Kinder
KHM Wien 1752 9 Kinder
Josef II.
Leopold II.