1778 KHM Wien
Elisabeth Vigée-Lebrun - Marie Antoinette
Gegenseitige Wertschätzung
Als Hofmalerin hatte Vigée-Lebrun die aus dem Hause Habsburg stammende Königin Marie-Antoinette
nicht weniger als dreissig mal in 6 Jahren portraitiert. Ihr Konkurrent am Hof war der 7 Jahre ältere
Jacques-Louis David, seit 1784 Mitglied der Académie royale de peinture et de sculpture. Als
entschiedener Republikaner und Mitglied des Corps électoral von Paris und Konventsdeputierter sollte
er später für die Hinrichtung seines Arbeitsgebers, König Ludwig XVI. stimmen.
Zwei Portraits von Marie-Antoinette erwecken besonders Interesse. Sie sind im 7-Jahres Intervall
entstanden. Das erste (1778) ist in zartem Stil gehalten, zeigt die 23-jährige mit einer Rose in der Hand.
Es schmeichelt ihr insofern, als es Vigée-Lebrun gelang, das Resultat der langjährigen Heiratspolitik der
Habsburger, nämlich die vorstehende Lippe, das markant hervorstehende Kinn und die gekrümmte
Nase, dezent zu kaschieren. Das Gemälde war für ihre Mutter in Wien bestimmt, die es von ihrer
Tochter freudig entgegennahm und in der Wiener Hofburg aufhängte. Heute ist es im Bestand des
KHM, aber nicht immer ausgestellt.
Das Zweite Portrait (1785) von Vigée-Lebrun zeigt Marie Antoinette 30-jährig, diesmal in der
Mutterrolle mit ihren 3 Kindern, fast wie die Heilige Familie. Das leere Kinderbett symbolisiert ihr
viertes Kind, das kurz vorher starb. Es handelt sich hier um ein politisches Porträt, das die dynastische
Nachfolge der Bourbonen dokumentieren soll. Diesmal war es vom König selbst in Auftrag gegeben.
Man erkennt im rechten oberen Eck des Gemäldes die Büste ihres Manns, Louis XVI., mit dem sie 1770
mit nur 14 Jahren per procurationem vermählt wurde, ebenfalls mit Charakternase.
1785 Versailles