Marie Antoinette
in Paris, Wien und Genf
Versailles 1985
1985
Paris/Versailles 1985
Auf dem Weg nach Pleubian machten wir halt in Paris und Chartres. Nach dem obligaten Besuch des
Eiffelturms ging es nach Versailles, wo wir auf das Gemälde Marie-Antoinette und ihre Kinder von
Elisabeth Vigée-Lebrun stießen. Ihre Geschichte zeigt exemplarisch die Verflechtung zwischen Kunst
und Politik.
Vigée-Lebrun portraitierte die aus dem Hause Habsburg stammende Königin nicht weniger als 30 mal in
6 Jahren. Ihr Konkurrent am Hof war der 7 Jahre ältere Jacques-Louis David, der 1784 Mitglied der
Académie royale de peinture et de sculpture wurde.
Nachdem Marie-Antoinette 1774 Königin von Frankreich und Navarra wurde, bekam sie endlich die von
Louis XVI erwarteten Söhne. Das vorliegende Gemälde aus dem Jahr 1885 zeigt sie 30-jährig in der
Mutterrolle mit ihren 3 Kindern, fast so wie die Heilige Familie. Das leere Kinderbett symbolisiert ihr
viertes Kind, das kurz davor starb. Sie selbst wurde sehr vorteilhaft dargestellt, wie der Vergleich mit
einem zeitgleichen Bild von A. U. Wertmüller zeigt.
Es handelt sich offensichtlich um ein rein politisches Portrait, das die dynastische Nachfolge der
Bourbonen dokumentieren sollte, ähnlich dem Portrait das der Genfer J.-E Liotard von ihr als 7-jährige
Erzherzogin am Wiener Hof für das Haus Habsburg anfertigte. Das Bild kam 1947 in den Bestand des
MAH in Genf, und wurde seither ausnahmslos Marie-Antoinette zugeordnet.
Dies stellte sich jedoch als ein historischer Fehler heraus. Kürzlich zeigte eine Kunsthistorikerin aus
Oxford dass Liotards Portrait in Genf nicht Marie-Antoinette, sondern ihre 3 Jahre ältere Schwester
Marie-Caroline, die spätere Königin von Neapel und Sizilien darstellt. Peinlich.
Eine Schmach für das Haus Habsburg, dem diese Verwechslung in den letzten 250 Jahren nicht auffiel.
Wertmüller
Liotard