Leonardo da Vinci - Salvator Mundi
Das 450 Millionen $ Ding - Sic transit Salvator Mundi
Es hat schon eine gewisse Ironie, wenn sich zwei islamische Herrscherfamilien
um ein Bild des christlichen Erlösers streiten, noch dazu wo sie Anhänger einer
Religion sind, die nur ornamentale, und keine menschlichen Abbildungen
duldet.
Genau das passierte 2017 bei einer Versteigerung vom Auktionshaus Christie's
(nomen est omen). Zwei Bieter, einer aus Saudi-Arabien und ein anderer aus der
VAR vermuteten als Gegenbieterin die von beiden ungeliebte Prinzessin aus
Katar, die schon früher einige Kunstkassiker zusammengekauft, und im Museum
in Doha ausgestellt hat, darunter Gauguins und Cézannes Kartenspieler.
Irrtum. Die Dame hatte vermutlich den Braten gerochen und hielt sich vornehm
zurück. So überboten sich die beiden offenbar kunstbefreiten Prinzen zur
schwindelerregenden Summe von 450 Mio. $. Ein absoluter Weltrekord.
Christie's war zufrieden. Ihr russischer Mandant Rybolovlev auch. Dieser hatte
das Werk überhöht von einem Genfer Filou erstanden, mit dem er seither im
Clinch liegt, hatte es aber nun mit einem satten Gewinn weiterverkauft. Mohammed Bin Salman (links)
und Mohammend Bin Zayed
Warum sich die Prinzessin aus Doha zurückgehalten hat, ist natürlich unbekannt.
Wahrscheinlich ist aber, dass sie als Kunstkennerin von den Begleitumständen der
"Wiederentdeckung" des Werkes verunsichert war. Es war 1958 noch als
Ausschussware der Renaissance bei Sothebys für 45 £ zu erhalten und befand sich
in einem deplorablen Zustand mit entstellenden Übermalungen aus früheren
Restaurierungen. Als es 2005 dem New Yorker Kunsthändler und Kunsthistoriker
Robert Simon vorgelegt wurde, vermutete dieser zwar ein qualitativ hochwertiges
Original, jedoch nicht ein Werk Leonardos, und veranlasste eine sorgfältige
Restaurierung. Als 2007 die ursprüngliche Malerei freigelegt worden war, wurde
das Gemälde mehreren Experten zur Begutachtung vorgelegt. Und patatras, die
kamen zur Überzeugung es sei tatsächlich ein Leonardo. Da lohnt es sich schon
näher hinzuschauen. Folgende Details stechen hervor:
Daumen und Mittelfinger der rechten Hand: zwei Daumenpositionen erschienen
bei der Restauration. Eine wurde unterdrückt. Was den Mittelfinger betrifft, ist er
trotz (oder wegen?) der zahlreichen Restaurierungsversuche weder anatomisch
noch perspektivisch ein „Leonardo“ (siehe korrekte Stellung bei Andrea Previtalis
Salvator.). Anm.: Zum Glück wurde der Zeigefinger nicht wegretuschiert, sonst
müsste sich der neue Besitzer fragen, ob sich sein Salvator nicht über ihn und seine
horrende Ausgabe lustig macht. Wer möchte schon mit einem Stinkefinger
konfrontiert werden ?
Previtali
Kristallkugel (gläserne Weltenkugel) in der linken Hand: falls es sich um eine
feste Kugel handelt, was auf Grund der abgebildeten 3 Einschlüsse möglich ist,
sollte ihr Hintergrund in Durchsicht wegen Lichtbrechung verzerrt sein. Ist er
aber nicht. Auch sollte die Kugel Lichtreflexe von li. oben zeigen (siehe Previtali
1519 Gemälde). Tut sie nicht. Hat Leonardo hier geschludert ? Er, der sich mit
optischen Studien intensiv beschäftigte und diese Effekte wissen hätte müssen.
Oder war Absicht dahinter? Wahrscheinlich ist die Kugal aber hohl. Die
Glasbläserkunst war um 1500 immerhin schon state of the art.
Bleiben stilkritische Argumente für Leonardos Autorenschaft. Dazu gehört
zweifelsfrei die minutiöse Ausführung der Stickereien auf Salvators Bekleidung,
für die Leonardo bekannt war. Aber Hand aufs Herz. Jesus schaut auf diesem
Bild dermaßen gelangweilt aus der Wäsche (bzw. dem Rahmen), dass man
schon sehr katholisch sein muss, um sich von diesem Mann die Erlösung zu
erhoffen.
Wie auch immer, um das Bild näher untersuchen zu können, müsste man sich
ins Louvre von Abu Dhabi bequemen. Dort sollte es einmal ausgestellt werden.
Angeblich. Derzeit ist es jedoch verschwunden. Oder doch nicht ? Die letzte
Nachricht (6/2019) spricht von einem Aufenthalt des Salvator auf der Saudi
Yacht Serene (vorher von Bill Gates gemietet). Aus konservatorischen Gründen
zwar nicht ideal, aber wer weiss, vielleicht gewinnt der Erlöser weiter an Wert,
und es findet sich ein Depp, der ihn dem jetzigen Besitzer noch teurer abkauft. Detail