USA 1968
Quer durch die USA
San Francisco beflaggt
1968
Mit 3000 km in den Knochen war die Einfahrt in San Francisco für mich erlösend. Nach
einem Bad im Pazifik pilgerte ich zu einem der beiden bekanntesten Kunstmuseen der Stadt,
dem San Francisco Museum of Modern Art (SFMoMA). Dort erregte eine Flagge der
Vereinigten Staaten meine Aufmerksamkeit*).
Es handelte sich um eine der über vierzig Fassungen von Jasper Johns Flag. Alle wurden zu
Ikonen, und die meisten davon waren in Enkaustik-Technik gemalt. Die hier abgebildete
(1958) war die Leihgabe eines Alt-Österreich-stämmigen Herausgebers und wurde «Leo
Castelli-flag» genannt. Die Großzügigkeit Castellis belohnte der Staat mit einer
Steuererleichterung. So geht Kunstförderung.
Heute gehört die Flagge dem Hedgefonds Manager Steven A. Cohen, der für sie
atemberaubende 110 Mio $ auf den Tisch legte. Man ist vaterländisch oder man ist es nicht.
Eine patriotische Aussage seien die Fahnen jedoch nie gewesen, stellte Jasper Johns klar. Er
habe nur die Frage nach dem Verhältnis von Gemälde und abgebildetem Gegenstand stellen
wollen: steht man hier vor einem Kunstwerk oder einer Flagge? Oder genauer gesagt: Ist es
eine gemalte Flagge oder ein abstraktes Gemälde?
Eindrucksvoll welche Fragen sich Künstler oft stellen, aber muss Kunst unbedingt Inhalte
vermitteln?
*) Wer sich die Mühe macht, wird unter den stripes 48 stars finden, und nicht 50, so wie heute. Die US-Staaten Alaska
und Hawaii kamen erst 1898 bzw. 1959 dazu.
San Francisco
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