Pieter Brueghel der Ältere Turmbau zu Babel
Die drolligen Details und der Vorteil von Internet
Wiener Version
Großer Turmbau 114 x 155 cm
Rotterdamer Version
Kleiner Turmbau 60 x 75 cm
Das Werk existiert in zwei Fassungen, eines in Wien und das andere in
Rotterdam. Beide sind voller Details und wert unter die Lupe genommen zu
werden.
Zur Wiener Fassung: Sieben Stockwerke des Kolossalbaus sind bereits
errichtet, das achte Stockwerk befindet sich im Bau. Auf der Rampe, die das
Bauwerk umzieht, befinden sich Bauhütten, Kräne, Hebewerke mit
Tritträdern etc., kurz alles, was es zu Lebzeiten Pieter Brueghels d. Ä. als
Firlefanz an technischen Errungenschaften gab, sowie Leitern und Gerüste.
Akribisch beschreibt Brueghel auch die Arbeiter. Da laufen einige im
Tretrad, während andere pennen und einer die Hosen heruntergelassen hat
und kackt*).
Zu Recht wird Pieter Brueghel d. Ä. oft "Brueghel der Drollige" genannt.
Mit seiner Schilderung weist Brueghel auf die Vergänglichkeit alles
Irdischen und der Vergeblichkeit allen menschlichen Strebens hin, es Gott
als Schöpfer gleichtun zu wollen. Zwar scheint der Bau zu gelingen, aber er
neigt sich schon leicht links zur Stadt hin, als ob sein Scheitern bereits
angekündigt ist.
*) punktierte Flächen anklicken
Zu den Details der Wiener Fassung: Da pennen welche, da machen einige
ihren Kotau vor dem Bauherrn (Nimrod?), da laufen andere im Tretrad,
über den Wolken schauen Raben den Menschen beim Arbeiten zu, und
einer ganz unten kackt sogar.
Während mit dem Wiener Bild der Vorwurf der Hybris die weltliche
Macht in Gestalt des Königs Nimrod trifft, richtet er sich in der
Rotterdamer Version gegen die römisch-katholische Kirche. Ziemlich
genau in der Mitte des Gemäldes schreitet eine Prozession mit rotem
Baldachin (Monstranz, Begräbnis von Auftraggeber König Nimrod?), die
Windungen des Bauwerks hinauf. Dies bedeutet, dass auch die Kirche
nicht vor Hochmut gefeit ist. Spuren von weißem Kalk und roten
Ziegelsteinen führen ahnungsvoll in die Tiefe.
All diese Details sieht man in Vergrößerung natürlich besser auf Internet
als in den Museen, denn in denen kommt man nicht nahe genug an die
Gemälde ran, ohne sofort zurückgepfiffen zu werden. Man sollte aber im
heutigen Couch-Potato-Zeitalter dieser Tendenz nicht völlig erliegen.
Wenn es um Farben geht, kommt man an Besuchen vor Ort nicht vorbei,
denn die Farben werden über die digitale Kette der Transmission bis hin
auf den Bildschirm oft völlig verzerrt. Da entstehen die grauslichsten
Varianten.
Man kann eben nicht alles haben